Skitourenwoche im Safiental | © Klaus Kunigham

Skitouren im Safiental vom 17.02.-21.02.2025

17.02.2025

Es ist Mittwochabend 17.57 Uhr. Ich sitze an meinem Notebook und das DAV Tourenprogramm ist bereits geöffnet. Hoffentlich klappt es mit der Anmeldung für die Skitourentage im Safiental?

Jipiii, es hat geklappt und so stehe ich mit 6 weiteren Teilnehmern in Klaus‘ Hofeinfahrt und wir verladen Gepäck und Ski. Und los geht’s!!! Nach der Schweizer Autobahn wird die Anfahrt immer enger und steiler und die Farbe wechselt langsam von braun zu weiß. Wir peilen als Einstiegsgipfel den „Schlüchtli“ an. In langsamen Schritten schieben wir unsere Ski bergan, lassen uns von der Sonne umgarnen und erfreuen uns an einer grandiosen Bergsicht. Gipfel um Gipfel erscheint am Horizont und eine Bergkette tut sich nach der anderen auf. Was für ein Gefühl! Was für ein Glück! Der Schnee für die Abfahrt ist besser als erwartet und beschert uns lockere Schwünge. Der letzte Schwung ist der Einkehrschwung im Hospiz-Cafe in Tenna. Und spätestens als die Sonne hinter dem Giebel verschwindet, sind wir um unsere lange Skiunterhose dankbar. Vor 2 Stunden hätten wir sie fast noch verschenkt.

Es geht auf schmalen Straßen noch kilometerlang taleinwärts bis wir am Turrahaus ankommen. Nach einer freundlichen Begrüßung heißt es Rucksäcke und Taschen die schmalsten und steilsten Treppen hoch zu schleppen, die ich je in einer Hütte gesehen habe. Wir richten uns in unseren Schlafkojen ein und die Kleidungsstücke, die wir zum Trocknen aufhängen, sehen aus wie Vorhänge. Das Abendessen ist reichlich, die Bäuche werden runder - viel Platz ist da nicht mehr. Wir Frauen sitzen eh schon wie die Hühner auf der Stange. Die Stimmung in der Hütte ist gut. Geplapper, Gelächter und Abenteuergeschichten füllen unsere Ohren. Und irgendwann stellt sich die Frage: „Dürfen wir denn schon um 21.00 Uhr ins Bett gehen?“ Wir dürfen - und fallen todmüde in unsere Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen sitzt die Kälte der Nacht noch im Tal und teilweise sind unsere Bindungen eingefroren. Doch die Sonne strahlt schon die umliegenden Gipfel an und zeigt uns, wer heute erneut das Sagen haben wird. Wir steigen bergan, wir schwitzen und staunen. Der Himmel ist azurblau und kein Wölkchen ist zusehen. Die Ski zischen in der Spur. Stumm, andächtig und dankbar ziehen wir nach oben auf einen abgeblasenen Bergrücken. Oben angekommen umarmen wir uns freudig und dabei hat jeder einen anderen besonderen Berg im Blick: den Tödi, den Piz Tambo, das Bärenhorn, den Beverin …… Lange Zeit sitzen wir wie Eiskönige auf dem Thron, essen, trinken, fotografieren. Die Abfahrt ist ein Genuss in Etappen, immer auf der Suche nach coolen Pisten und luftigem Schnee. Während des letzten Stückes auf der Loipe können wir den Cappuccino und den alkoholfreien Weizen schon riechen, die wir dann auf der Terrasse genüsslich die ausgetrockneten Kehlen hinunterrinnen lassen. Wohl dem, der heute an die Sonnencreme gedacht hat. Denn abends, beim typischen Schweizer Käsefondue, ist so mancher Mützen- und Brillenrand Grund für Witzeleien.

Nach einer erholsamen Nacht starten wir aufgrund der Wärme etwas früher. Doch die Sonne hat uns schon bald wieder und die Diskussion „Lange Unterhose – ja oder nein?“ entflammt erneut. Unsere Spur ist ausgetreten, vielerlei Fußabdrücke sind zu sehen. Bogenlampe um Bogenlampe, Kuppe um Kuppe gestalten unseren Weg. Das Tempo ist angepasst und die Trinkflaschen sind wichtige Begleiter. Ein Grat ist unsere Endstation und eröffnet weite Blicke soweit das Auge reicht. Es ist nur nicht so einfach, sich ein Vesperplätzchen einzurichten, denn der Schnee ist grieselig und lässt mich bis zu den Oberschenkeln einsinken. Dafür ist ein unverspurter erster Hang Belohnung in Reinform. Wir bestaunen unsere Schwünge und grinsen wie Honigkuchenpferde. Danach wechseln sich Pulverschnee, Firn oder pistenähnliche Abschnitte ab, und wir sind gefordert, den Schnee zu fühlen und unsere Fahrweise anzupassen. Auch Sträucher und hervorspitzelnde Alpenrosen gilt es gezielt zu umfahren. So zischen diverse Getränke erneut auf der Sonnenterrasse in unseren Mündern und gegen eine kleine Siesta bis zum Abendessen hat keiner was einzuwenden.

Tag 4 hat schon fast was von Gewohnheit: Frühstücken und Losziehen. Zum ersten Mal ziehen ein paar Wölkcken am Himmel. Wir sind fast ein bisschen dankbar dafür, denn die Hitze erinnert an Frühjahrsskitouren und kostet Energie. Klaus nützt unterwegs die Gelegenheit, um uns das Fluchtverhalten von Schneehuhn & Co zu erklären und uns für natur- und tierfreundliches Verhalten zu sensibilisieren. Wie wenn das unterstrichen werden sollte, säumen unterwegs kleine Federn den Weg. Welcher Vogel hat sie wohl getragen? Und was ist geschehen? Wir werden es nicht erfahren, können nur Geschichten dazu erfinden. Eine kleine Feder verschwindet als Erinnerung in meiner Hosentasche. Einen kniffeligen Grataufstieg schenken wir uns. Lieber genießen wir die Aussicht auf die fantastische Bergwelt. Die Sonne spielt mit dem Schnee, lässt ihn funkeln und spiegeln. Licht und Schatten verzaubern die Kuppen, Felszacken und sanften Hänge. Es gäbe ja noch so viele Touren!!! Die Abfahrt enttäuscht uns auch dieses Mal nicht. Immer wieder finden wir gutes Gelände für lockere Schwünge und ein weiteres Mal lassen wir unsere Erlebnisse auf der Terrasse nachwirken. Im Anschluss an das Abendessen, das wie jeden Tag mehr als reichlich ist, gibt es eine Revanche beim Bländi-Dog. Karten, Kugeln und Würfel bedecken den Tisch. Es bleibt spannend bis zu Schluss. Wer wird heute siegen? Eigentlich egal, denn bis zum nächsten Mal haben wir es eh vergessen, wie so vieles andere wahrscheinlich auch, wir werden ja schließlich nicht jünger (ha ha ha).

Nun heißt es Abschied nehmen. Das Turrahaus sucht ab Herbst 2025 einen neuen Pächter und wir zweifeln beim Beladen der Autos, ob es Bestand haben wird. Wir richten einen letzten dankbaren Blick nach oben und starten eine halbe Stunde später von Camana aus unsere letzte Tour. Wetter und Schnee sind bestens und wir steigen zügig und weiter auf als gedacht. Zu sehr wollen wir nochmal in den Genuss der letzten Tag kommen. Es ist uns bewusst, dass wir fünf besondere Tage erleben durften: fünf Tage in einem reizvollen Tal, fünf Tage in einer einmaligen Unterkunft, fünf Tage in einer lustigen Gemeinschaft. Der Bergrücken, der sich uns gegenüber aufrichtet, scheint dies unterstreichen zu wollen. Mit seinen tief eingeschnittenen Karen sieht er aus wie ein Berglöwe mit kräftigen Pranken.

Diese eingespeicherten Bilder begleiten uns auf dem Heimweg. Unser inneres Fotoalbum ist erweitert worden oder wie ich gerne sage: „ich habe mein Schatzkästchen gefüllt!“ In diesem Sinne, ein herzliches Danke an alle, die mitgeholfen haben, dieses wertvolle Kästchen zu füllen (Andrea, Birgit, Hubert, Roland und Tommy) und ein ganz besonderer Dank an dich, lieber Klaus. Du bist ein super Guide.

Christine Ehrle