Hochtouren bei der Franz-Senn-Hütte, Stubaital

Schön, dass auch in Zeiten von Corona wieder Sektionstouren durchgeführt werden können.

Deshalb startet unsere Gruppe um Tourenführer Hubert und Bolle dementsprechend motiviert mit dem DAV Bus in Richtung Stubaital. Alle sind froh endlich wieder gemeinsam in den Bergen unterwegs sein zu können.

Da für die drei Tage unserer Tour leider sehr wechselhaftes und unbeständiges Wetter angesagt ist fahren wir deswegen am Freitag erst um 12:00 Uhr in Wangen weg. Heute ist nur der gemütliche Aufstieg zur Hütte geplant. Als wir am Spätnachmittag am Parkplatz der Oberiss Alm auf 1.742m im Oberbergtal ankommen ziehen bereits zum Teil mächtig dunkle Wolken auf. Wir machen uns langsamen Schrittes, mit unseren teilweise gewaltigen Rucksäcken (jeder muss zur Zeit laut Corona Verordnung einen richtigen Schlafsack mit auf die Hütte bringen), auf den gut angelegten, aber nicht allzu langen Hüttenweg. Wie die ersten Vorboten es schon ankündigten, fängt es nach einem Drittel des Weges an zu regnen. Wir schmeißen die Regenjacken über Kopf und Rucksack, kalt ist es Gott sei Dank nicht. Jeder stapft nun mit gesenktem Kopf und in Gedanken versunken, mit zügigem Schritt, zur bald in Sichtweite kommenden Franz-Senn-Hütte, 2.147m. Was für eine noble Hütte! Ein perfekter Trockenraum, der die nassen Sachen sogar richtig trocknet, ein riesiges Lager nur für uns allein und sonst alles was das Herz begehrt, incl. warmer Duschen (wer´s braucht) und Trinkwasser im ganzen Haus. Das Halbpension Menü ist so lecker und reichhaltig, dass wir Mühe haben für bestes Wetter alles auszuessen und der Rotwein ist optimal temperiert. Das ein oder andere Gläschen geht deswegen dann auch über den Tisch. Für Morgen ist besseres Wetter angesagt (wir haben ja schließlich fast alles sauber ausgegessen) und wir beschließen die Ruderhofspitze in Angriff zu nehmen.

Bereits um kurz nach sechs stehen wir heute Morgen abmarschbereit vor der Hütte. Es wird eine lange Tour werden. Deshalb ist es zum Warmwerden auch für jeden ideal, dass es am Anfang sehr gemächlich immer weiter in das Tal, entlang des Alpeiner Baches, in Richtung Alpeiner Ferner geht. Der Weg zieht sich, aber hier kommen wir gut voran und gelangen irgendwann an einen ersten Felsriegel, den wir in Serpentinen, endlich mit Höhengewinn, überwinden. Von hier haben wir schon einen ersten guten Blick auf die bereits sehr weit zurückgezogene, schon apere und sanft auslaufende Gletscherzunge. Unmittelbar dahinter ragt die zweite große Felsstufe, mit einem gewaltigen Gletscherabbruch, auf. Am rechten Rand der Gletscherzunge finden wir den besten Übergang auf den ziemlich dreckigen, blanken Gletscher. Nun heißt es endlich Rucksack erleichtern und alles Schwere an den Mann bzw. Frau. Bis jetzt war das Wetter immer noch sehr stark bewölkt und sämtliche Gipfel in Wolken. Jetzt spitzelt aber zum ersten Mal die Sonne durch. Ganz allmählich scheint sich die angesagte Wetterbesserung durchzusetzen. Dies erinnert uns daran noch einen Sonnenschutz aufzutragen. Eine 3er und eine 4er Seilschaft ist schnell gebildet und kurze Zeit später steigen wir langsam auf dem anfänglich flachen Gletscher auf. Wir kommen gut voran und erreichen bald die besagte Steilstufe, die ab hier mit Schnee bedeckt ist. Es wird nun mühsamer, da Hubert im bereits weichen und steilen Schnee spuren muss. Oben angekommen erreichen wir das große, flache Gletscherbecken des Alpeiner Ferner. Wir befinden uns nun auf ca. 3.000m und es wird jetzt noch etwas beschwerlicher, da hier zusätzlich eine ca. 15cm Neuschneeauflage vom Vortag anzutreffen ist. Der Gipfel kommt hier erstmals ins Blickfeld, wenn die Wolken ihn freigeben. In einem großen Linkbogen umgehen wir die Gletscherspaltenzone des Abbruchs und schlängeln uns entlang der Schwarzenbergspitzen in Richtung Hölltalscharte 3.247m. Als wir diese erreichen sind wir erleichtert, dass sie noch sehr schön mit Schnee bedeckt ist und der Übergang zum langen SSW Grat problemlos bewältigt werden kann. Die Kraxelei entlang des Grates ist anregend aber nicht zu schwierig und alle sind noch gut unterwegs. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind dennoch gefragt. An dessen Ende gelangen wir nun auf den linken Rand des ebenfalls mit Schnee bedeckten, steilen Ruderhofferner und auf den etwas steileren, felsigen Gipfelaufschwung. Eine Junge 3er Seilschaft ist sich am Schneefeld nicht sicher und ist froh, dass wiederum Hubert mit seiner langjährigen hochalpinen Erfahrung die steile Spur zum Fels legt. Eigentlich nicht schwierig – wenn jemand eine Spur macht. Die drei jungen Bergsteiger bedanken sich anerkennend. Kurze Zeit später stehen wir alle freudestrahlend und glücklich auf dem Gipfel der Ruderhofspitze, 3.473m. Siehe da, der Gipfel ist jetzt doch zum ersten Mal tatsächlich annähernd wolkenfrei. Es ist windstill und sogar relativ warm. Wir gönnen uns eine gemütliche halbe Stunde Rast und genießen die Aussicht in vollen Zügen. Aber es ist ja erst der halbe Weg geschafft und wir machen uns absolut konzentriert wieder auf den Rückweg über den Grat. Seil anlegen und los geht es hinunter auf das große Gletscherplateau. Dieses ist jetzt ziemlich aufgeweicht und wir sinken immer wieder im nassen Schnee ein. Der weitere Weg zurück zur Hütte ist dann auch nicht mehr schwierig, nur verdammt lang und somit nochmals kräftezehrend. Als wir an der Hütte ankommen scheint dort herrlich angenehm die Sonne auf die Terrasse und wir können wunderbar unsere Flüssigkeitsreserven wieder auffüllen und die nassen Schuhe trocknen. Tatsächlich hatten wir heute ausgesprochenes Wetterglück.

Zum Abendessen gibt es für alle ausgehungerten sogar so viel an leckeren Gerichten, dass manche Mühe haben alles aufzuessen – dies sollte sich doch wahrhaftig am nächsten Morgen negativ auswirken ;-).

Für heute ist wieder schlechteres Wetter, mit einsetzendem Niederschlag schon ab dem frühen Vormittag angesagt, weswegen wir uns für die kurze Klettertour, am direkt vor der Hütte liegenden Hausberg, die Vordere Sommerwand, 2.677m und ihren Nord Grat entschieden haben. Aber als wir so einigermaßen frisch und ausgeruht, wieder um 06:00 Uhr vor die Hütte treten, zeichnen ein super schönes Morgenrot im Osten und riesige, dunkle und schnell aufziehende Wolken im Westen, einen schnelleren Wetterumschwung ab, als uns lieb ist. Somit sind wir alle mal wieder multi-flexibel und begnügen uns mit der noch schnelleren Variante des Standardaufstiegs, ohne Klettern am Grat. Wir folgen der Beschilderung und nehmen die Serpentinen, einen begrünten Hang hinauf, immer weiter bis an den Fuß einer steilen Gras und Felsrampe. Hier biegen wir scharf rechts ab. Der Weg führt steil und in vielen schmalen Kehren zum breiten Vorgipfel. Hier wären wir herausgekommen, wenn wir über den Grat geklettert wären. Durch einen Durchschlupf im Fels gelangen wir linker Hand an den nicht allzu langen aber ganz schön luftigen Gipfelgrat. Mit sicherem Gehen und leichtem Kraxeln erreichen wir den schmalen Gipfel. Von hier haben wir einen sehr schönen Blick hinunter zur Franz-Senn-Hütte und hinüber zur Rinnenspitze. Aufgrund des nun rapide schlechter werdenden Wetters bleiben wir nicht lange und als wir am wieder am Fuß des steilen Gipfelaufbaus ankommen, fängt es tatsächlich an zu tröpfeln. Wiederum perfektes Timing! Für den weiteren, unproblematischen und kurzen Abstieg zur Hütte brauchen wir dann unsere Regenjacken wieder, was aber niemanden mehr stört. Wir genehmigen uns noch eine Regenpause in der Hütte und marschieren nach dem Regen zurück zu unserem Auto. Die Sonne scheint in der Zwischenzeit schon wieder herrlich vom Himmel, was uns dazu zwingt in der Oberiss Alm noch einen leckeren Touren-Abschlussschmaus zu uns zu nehmen.

An unsere zwei Tourenführer noch einmal herzlichen Dank für ihre stets ruhige, kompetente und sichere Führung.